Bericht 29: Megamoloch Kalkutta

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Mega-Grossstadt Kalkutta

  • Kalkutta - Darjeeling (29. Mrz - 05. Apr)
  • 29.03.07 Kalkutta - Ranaghat 89,5 km
  • 30.03.07 Ranaghat - Berhampore 115,5 km
  • 31.03.07 Berhampore - Dhulian 89,5 km
  • 01.04.07 Dhulian - Raiganj 120,1 km
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  • 02.04.07 Raiganj - Bidhannagar 142,8 km
  • 03.04.07 Bidhannagar - Karsiyang 65,0 km
  • 04.04.07 Karsiyang - Darjeeling 30,5 km
  • 05.04.07 Darjeeling - Karsiyang 30,3 km
	Indien: In Kalkutta liegt überall Müll herum		Indien: Leicht überladener Lastwagen
Indien: In Kalkutta liegt überall Müll herum Indien: Leicht überladener Lastwagen
	Indien: Teppichfertigungsanlage		Indien: Mal ein überladenes Fahrrad
Indien: Teppichfertigungsanlage Indien: Mal ein überladenes Fahrrad


Was haben wir alles an schrecklichen Dingen über Kalkutta gehört: Dreck - Elend - Slums: Alles das, was man typischerweise an Klischees über Indien hört, all das soll man angeblich in Kalkutta finden können. Und in der Tat leben die Ärmsten der Armen mehr oder weniger auf der Strasse oder im Dreck zwischen der Strasse und den Bahngleisen. Aber Kalkutta ist mehr als nur die Summe aller Klischees, und unserem Auge offenbart sich eine Stadt, in der auch nicht mehr Elend und Dreck zu finden ist als in anderen indischen Städten. Gleichzeitig ist auch eine grosse Masse an westlich lebenden Menschen zu finden, die modernen Berufen in Wirtschaftsbetrieben nachgehen, Auto fahren und zu Hause eine Stereoanlage, einen Kühlschrenk und eine Klimaanlage haben. Die grössten Gegensätze zwischen Arm und Reich die wir in dieser Welt je gesehen haben, scheint es in Indien zu geben.

Nepal ruft ...

... denn unser indisches Visum gewährt uns nur noch wenige Tage Aufenthalt. Am Flughafen Kalkuttas versuchen wir Geld zu wechseln, denn der Dollar ist Pflichtwährung, mit dem Ausländer das nepalesische Visum an der Grenze bezahlen müssen. In der Innenstadt wurden wir weggeschickt: "Indische Rupien in ausländische Devisen zu wechseln ist uns nicht erlaubt". Aber wie sollen wir sonst unser Visum bezahlen, um das Land verlassen zu können? Am Flughafenschalter läuft wieder der gleiche Energiekampf ab wie so oft in Indien. Natürlich liegt der Geldwechselschalter im Abflugterminal. Natürlich haben wir keinen Flugschein, und natürlich lässt uns der nicht Englisch sprechende Wachbeamte ohne Schein nicht durch. Und natürlich gehen wir trotzdem durch! Wir brauchen ja unbedingt die Dollars - und schliesslich kommen wir auch vorbei, da der Sicherheitsbeamte nicht beide von uns gleichzeitig aufhalten kann. Aber er gibt dem Menschen an der Geldwechselstube die Anweisung uns kein Geld zu wechseln. Grrr - viel Überredungskunst ist nun also gefragt, bis wir nach einem weiteren indischen Akt in Hindernissen doch zu unserem Ziel kommen - vielen Dank an den ersten Menschen am Schalter der Einsicht hatte und uns weiterhalf. Den Zeitungsartikeln sei dank!

	Indien: Benny auf dem Präsentierteller		Indien: Benny schreibt abends Tagebuch
Indien: Benny auf dem Präsentierteller Indien: Benny schreibt abends Tagebuch
	Indien: Wir schlafen in der Kirche		Indien: Einspurige Brücke für den gesamten Verkehr Ostindiens
Indien: Wir schlafen in der Kirche Indien: Einspurige Brücke für den gesamten Verkehr Ostindiens

Die Menschentrauben in West Bengal

Nach 50 hup- und dreckreichen Kilometern können wir endlich den Ballungsraum um Kalkutta verlassen. Für anderthalb Tage fahren wir nun durch nette Alleen, schauen uns eine familiäre Weberei an, in der Saris und andere indische Kleider mit Maschinen hergestellt werden, die man in Deutschland im Jahr 1820 vermutet hätte. Leider ist die Strasse in dieser Gegend jedoch grauenhaft, und auf den engen 2 Spuren qualmt und hupt ein LKW nach dem anderen. Am dicksten kommt es, als diese Bundesstrasse - ihres Zeichens die Hauptdurchgangsstrasse in West Bengal - von einer einspurigen Holzbrücke unterbrochen wird, die von den darüberrollenden Schwertransportern tracktiert wird, so dass sich buchstäblich die Balken biegen und man Angst bekommen kann.

Ausserdem ist West Bengal einer der bevölkerungsreichsten indischen Bundesstaaten. Kaum eine Pause vergeht, in der wir nicht von Dorfbewohnern, Städtern oder Landarbeitern umzingelt werden, die uns so nah auf die Pelle rücken, als ob Sie uns beschnuppern wollten, und mit Ihren Grabschern versuchen, das Fahrrad zu "ertasten". Meist scheinen Sie ein bischen beleidigt zu sein, wenn man Ihnen erklärt, dass wir auch nicht in Ihre Hemdtasche greifen und Sachen rausholen oder in Ihre Häser und Hütten gehen und Schränke durchsuchen. In jedem Fall haben wir den Eindruck, dass wir uns in diesem Land vorerst lang genug aufgehalten haben, und es uns in die Berge zieht, um vor der Hitze, dem Dreck und der Überbevölkerung zu fliehen.

Es geht bergauf...

Nach 5 Tagen in West Bengal scheinen wir es endlich geschafft zu haben: Wir sind am Fusse der Berge angekommen! Nun liegt ein besonders beeindruckender und anstrengender Teil unserer Reise mit der Überquerung des Himalayas, des höchsten Gebirges der Welt vor uns. Doch erstmal müssen wir uns die extrem steile Strasse nach Karsiyang hochquälen. Bis jetzt sind wir noch ein bischen kindlich stolz gewesen, auf unser Reise keinen Meter auf normalen Strassen haben schieben zu müssen. Doch das ändert sich heute schlagartig. Nach 50 Kilometern unserer Tagesetappe sind wir erst auf 250 Metern Höhe - auf den nächsten 12 Kilometern quälen, schwitzen und schieben wir uns und unser Tandem bis auf 1500 Meter hoch. Aber trotzdem macht das Radfahren bzw. Radschieben heute Spass! Wir haben den Eindruck, dass das zum Teil uns recht leer erscheinende Glotzen der Inder einem freundlichen Lächeln und Winken der hier lebenden nepalesischen Minderheit gewichen ist. Wir fühlen uns in der Gegenwart von Einheimischen wieder wohler, und geniessen unsere Anfahrt nach Darjeeling.

	Indien: Jean Phillipe flickt platten Reifen		Indien: Bergauf nach Darjeeling
Indien: Jean Phillipe flickt platten Reifen Indien: Bergauf nach Darjeeling
	Indien: Pause am Berg nach Darjeeling		Indien: Die Einheimischen haben einen chinesisch nepalesischen Einschlag
Indien: Pause am Berg nach Darjeeling Indien: Die Einheimischen haben einen chinesisch nepalesischen Einschlag

Was ist anders in Karsiyang?

Auf halber Höhe nach Darjeeling kommen wir in Karsiyang zum halten, wo wir uns für die Nacht einquartieren. Als wir auf der Strasse Menschen nach dem Weg zu einem Schneider fragen, bekommen wir eine vollkommen unerwartete Reaktion: "Warten Sie mal, ich überlege mal kurz... - Ach, kommen Sie doch mal mit"! Mit diesen Worten werden wir zu einem Schneider geführt, anstatt die ansonsten abfällige und scheinenbar wahllos in eine Richtung deutende Handbewegung als Antwort zu bekommen. Und jeder scheint auf einmal gutes Englisch zu sprechen! Wie sehr haben wir es allzu oft in Indien vermisst, jemanden zu den vielen Dingen zu fragen, die wir in diesem grossen Land gesehen und nicht verstanden haben. Sollte also unser Wunsch nach mehr Kommunikation mit den Einheimischen in Nepal in Erfüllung gehen? Die tibetische Familie denen unser Hotel hier gehört versorgt uns in der Zwischenzeit jedenfalls bestens, und wir werden zu einem Abendessen bei Pilzsuppe und Momo eingeladen. Momo, das sind leckere Teigtaschen mit den verschiedensten Füllungen nach tibetischer Tradition.

Darjeeling

Auch machen wir noch einen Abstecher nach Darjeeling, wo wir einen Tag und eine Nacht verbringen. Und wie so oft versorgt uns dieser touristische Ort mit kulinarischen Köstlichkeiten. Auch soll man hier freien Blick auf den dritthöchsten Berg der Welt, den Kanchenjunga mit über 8500 Metern haben - wenn nur nicht so viele Wolken da wären, was uns und unserem Wunsch nach der guten Aussicht zum Verhängnis wird.

	Indien: Mandy zeigt einheimischen Frauen Bilder von unserem zu Hause		Indien: Hund in Kiste
Indien: Mandy zeigt einheimischen Frauen Bilder von unserem zu Hause Indien: Hund in Kiste
	Indien: Wir sind angekommen in Darjeeling		Indien: Im schönen Karsiyang kurz vor Darjeeling
Indien: Wir sind angekommen in Darjeeling Indien: Im schönen Karsiyang kurz vor Darjeeling

Auf Wiedersehen, Indien!

Aber jetzt sind unsere Visa endgültig abgelaufen, und mit gemischten Gefühlen fahren wir weiter um das Land zu verlassen. Was nehmen wir mit aus diesem Land der vielen Gegensätze, das in Deutschland mystifiziert wird, während es vor Ort viele Reisende als sehr anstrengend empfinden? Wir haben wunderbare Erfahrungen der Gastfreundschaft gemacht, und wurden sowohl von reichen als auch von sehr einfach lebenden Menschen eingeladen. Manchmal fühlten wir uns diskriminiert, wenn wir an Sehenswürdigkeiten den 25fachen Preis zahlen sollten, oder über den Tisch gezogen, wenn an den Obstständen der dreifache Preis verlangt wurde. Für uns ist Indien jetzt in jedem Fall entmystifiziert. Vor allem ist es für uns ein Land der riesigen Gegensätzen - manchmal liebten wir es uns manchmal hassten wir es! Es gibt viele schöne Orte die wir sehr genossen haben, aber auch viele anstrengende, wenngleich auch nie gefährliche Situationen, in denen es zu meistern gilt, die innere Ruhe zu bewahren. Und der schreckliche Verkehr, der nach eigenen Regeln funktioniert, und der oft von kindlich und egoistisch denkenden Leuten bestimmt wird, hat uns den Spass am Radfahren oft genommen. Trotzdem war es wert, diese Erfahrung gemacht zu haben, und nun verlassen wir Indien mit anderthalb lachenden und einem halben weinenden Auge, und freuen uns auf den hoffentlich besseren Verkehr, die Berge im Himalaya und somit Land 11 auf unserer Reise: Nepal!

	Indien: Die Schmalspurbahn nach Darjeeling		Indien: Wir kühlen die überhitzten hydraulischen Bremsen
Indien: Die Schmalspurbahn nach Darjeeling Indien: Wir kühlen die überhitzten hydraulischen Bremsen
 
 
 
 
 
 
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