Bericht 21: Pakistan - auf nach Changa Manga

13. - 25. Nov: Durch das Herz Pakistans



    14.11.06 Multan - Khanewal 63,4 km
    15.11.06 Khanewal - Kassowal 77,4 km
    16.11.06 Kassowal - Okara 88,1 km
    17.11.06 Okara - Changa Manga 78,3 km
    18.11.06 Changa Manga - Lahore 88,1 km
    19.11.-25.11.06 Lahore

Endlich wieder aufs Fahrrad!

Nach 2 Tagen wollen wir in ein günstigeres Hotel umziehen, nachdem wir uns wirklich gut ausgeruht haben. Aber wieder wollen Sie uns wegschicken, genau wie schon 2 Tage vorher. "Full", sagen Sie einfach.

Aber diesemal glauben wir Ihnen nicht und lassen uns nicht wegscheuchen. Immer wieder sagen Sie "Full", aber wir verweisen auf einige Zimmerschlüssel, die am Brett hängen. Erst nach 10 Minuten werden wir zum Hotelchef geführt, bei dem wir dann schließlich doch gnädigerweise eines der 4 freien Zimmer bekommen. Eigentlich wollen wir nicht wirklich in diesem dreckigen Hotel um ein Zimmer betteln, aber immerhin bezahlen wir nur ein drittel des Preises vom anderen Hotel. Ein bischen bummeln wir noch durch Multan und sehen uns den Burgberg mit 2 Mausoleen, Park und wieder mal sehr viel Leben auf der Straße an.

Doch endlich ist es dann soweit: Wir sitzen wieder auf dem Rad und fahren aus Multan raus. Unangenehm ist zwar der Lärm und Dreck der zahllosen anderen "Verkehrsteilnehmer" in Form von Fahrrädern, stinkenden Rikschahs, knatternden Mopeds, Ochsen-, Pferde- oder Eselkarren, in dauerhupenden Bussen, Autos und LKW. Jedoch lässt es sich - abgesehen vom Lärm und Dreck - durch den insgesamt langsameren Verkehrsfluss für uns angenehmer fahren als beispielsweise im Iran, wo es in den Städten quasi nur rasende Autos gibt. Und je mehr wir uns von der Stadt entfernen, desto besser radelt es sich. Hier sind angenehmerweise auch unzählige Straßenstände an denen wir Rast machen können. Und nicht nur neben der Straße ist einiges los, auch die Straße selbst scheint zu leben. Einheimische Radfahrer bummeln meist im Schneckentempo vor sich hin, bis Sie diese merkwürdigen Ausländer auf diesem sonderbaren Gefährt an sich vorbeifahren sehen, uns Sie dann natürlich Gas geben, um zu dieser merkwürdigen Erscheinung auf 2 Rädern aufzuschliessen. Dieses unerklärliche Phänomen wollen sie sich dann verständlicherweise so lange wie möglich anzuschauen.

Zucht und Ordnung

Die erste Nacht hinter Multan zelten wir auf dem Innenhof einer Polizeistation, wo mehrere arme Gestalten eingezwängt in einer Zelle hocken, eingesperrt weil sie Karten um Geld gespielt oder Wein getrunken haben- in einem islamischen Land herrscht Zucht und Ordnung! Während wir unser Essen kochen, bekommen wir immer wieder Besuch von Männern, die fragen ob mit uns alles o.k. ist, bis der grantige Polizeichef die Männer anbrüllt. Am nächsten Tag bekommen wir Begleitung von zwei Motorradfahrern, von denen der eine auch am Vorabend verjagt wurde und der den Tag frei bekommen hat, damit er uns begleiten kann! Wir werden unzählige Male zum Tee eingeladen, und spontan organisiert er, dass sein bester Freund uns in sein Haus zum Mittagessen einlädt. Erst nach Sonnenuntergang finden wir an diesem Abend eine Übernachtung- diesmal ist es ziemlich schmucke Station der Verkehrspolizei. Wir werden herzlich aufgenommen von der wirklich netten Gemeinschaft dort, bekommen ein Zimmer und sogar zu Essen, und der Kommandeur weist seine Polizisten bei der Wachablösung darauf hin, dass wir den Status von Bruder und Schwester haben, was für uns eine grosse Ehre ist.

Besuch in der Katholischen Blindenschule

Am darauffolgenden Tag machen wir an einigen Obst- und Getränkeständen halt und werden wie immer von vielen neugierigen Augenpaaren gemustert, auf die wir wie Ausserirdische wirken müssen, denn wann hält schon mal ein Ausländer per Fahrrad in diesem kleinen Dorf? Während wir im Stehen unsere Fanta trinken, kommt plötzlich ein sehr alter Mann mit Turban, stellt uns ein paar Kästen zum Draufsetzen hin, schenkt uns Früchte von seinem Stand und setzt sich in seiner stillen Art und Weise ohne ein Wort zu sagen einfach neben uns und strahlt eine enorme Ruhe aus. Abends wieder auf der Suche nach einem Schlafplatz sehen wir plötzlich eine Kirche, aus der Gesang und Trommeln erklingen. Neugierig treten wir ein. Wie sich heraustellt, singen dort blinde Kinder zusammen mit Sozialarbeitern. Der sehr engagierte Francis Lawrence lädt uns spontan ein, im katholischen Blindenheim zu übernachten, das für blinde Christen als Anlaufpunkt dient. So können wir noch einer Messe beiwohnen, in der uns die Kinder stolz ihre Lieder vorsingen. Ausserdem erfahren wir, dass auch sie das Lieblingsspiel aller pakistanischen Kinder spielen: Cricket! Sie haben dafür spezielle Regeln und einen Ball, der in Bewegung ein Geräusch ertönen lässt.

Auf nach Changa Manga

Lahore ist am nächsten Tag nicht mehr weit, aber da uns die starke Luftverschmutzung auf die Nerven geht und wir in Lahore keine Besserung erwarten, fahren wir von der Hauptstrasse ab und durch kleine Dörfer zum "Wildnispark" Changa Manga. Der Weg dorthin führt uns über viele kleine verschlafene Dörfer, Bambushaine und Rosenfelder! Als wir am Nachmittag ankommen, sind wir von dem Park ein bisschen enttäuscht, da er ausser den Rasenflächen und Klettergerüsten scheinbar nichts zu bieten hat. Nach einer Nacht im nahen Hotelkomplex, wo wir ausser den Geckos die einzigen Gäste sind, fahren wir zunächst doch noch mal Richtung Park, um dort einen entspannten Vormittag zu verbringen, Aber wir ergreifen dann blitzschnell die Flucht, als uns in fünf Minuten mindestens zehn Busse mit johlenden, kreischenden Schulkindern überholen- alle Schulen Pakistans scheinen einen Ausflug in diesen Park zu machen! Als Entschädigung treffen wir in einem der kleinen Dörfer noch einen netten Einheimischen, der uns Fäden von seidenspinnenden Raupen zeigt und für uns eine Stange leckeres Zuckerrohr frisch vom Feld holt- sehr lecker! Wir fahren gerade weiter, doch wieder springt uns etwas ins Auge: Auf einem Feld frisst sich gerade eine Kamelherde von Baum zu Baum! Wir fahren sofort hin, und der Hirte ist so freundlich uns alle Tiere geduldig zu zeigen.

Lahore und seine Sufis

Nach ziemlichen Bummeltempo der letzten Tage erreichen wir dann Lahore und landen wieder in einem der Hostels, wo sich Reisende aus der ganzen Welt treffen. Abwechselnd hüten wir das Krankenbett einen Tag lang, entspannen uns, besichtigen die schöne Moschee der im Smog versinkenden Stadt oder reparieren kleinere Dinge am Fahrrad. Einen Abend ist Land unter in der Stadt, alles versinkt im Wasser und den Morgen danach liegt eine scheinbar ertrunkene Ratte tot neben unserem Bett. Lahore selbst ist für seine Sufis bekannt - nein, dass sind nicht Alkoholiker, sondern Muslime, die sich mittels Musik in Trance tanzen und deren Musiker dementsprechend hoch verehrt werden. Es gibt auch unzählige Sufischreine, in denen wir zwei dieser Zeremonien beiwohnen dürfen. Tagsüber fällt diese Zeremonie relativ nüchtern aus, wo das Publikum den Musikern ihre Wertschätzung mit Geldscheinen bezeugt, die dann mehrfach über die Musiker geworfen werden. Ein Mann mit einem Kanister auf dem Rücken versprüht Rosenduft. Witzigerweise bekommt besonders Benny, der ihn schon von weitem argwöhnisch beäugt, eine besonders grosse Ladung ab. Während der abendlichen Zeremonie werden Essen, Tee und Joints rumgereicht, um besser in Trance versinken zu können zu dem pulsierenden Takt der unablässig spielenden Trommler.

Doch so langsam geht es für uns wie immer weiter, und nach einer schönen Zeit in 3 islamischen Ländern freuen wir uns nun schon sehr auf das zehnte Land unserer Reise: Die Stadt Amritsar in Indien ist nur noch eine Tagesetappe von uns entfernt!

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