Bericht 18: Esfahan - die halbe Welt

Esfahan - die halbe Welt


01. - 15. Okt: Teheran - Esfahan

    01.+02. Okt: Teheran
    03. Okt: Teheran - Hamasabad 62,3 km
    04. Okt: Hamasabad - Kushk e Nosrat 54,9 km
    05. Okt: Kushk e Nosrat - Qom 63,5 km
    06. Okt: Qom - Kashan 89,3 km
    07. Okt: Ruhetag Kashan
    08. Okt: Kashan - Shoja-a-Abad 115,5 km
    09. Okt: Shoja-a-Abad - Esfahan 116 km
    10.-15. Okt: Aufenthalt Esfahan

Stinkstadt Teheran

Die 15-Millionen-Einwohner Monsterstadt Teheran übertrifft wirklich alles was man sich vorstellen kann. Auch der Verkehr macht nicht viel Lust auf Radfahren, und so sind wir mit U-Bahn und Taxi unterwegs, was zwar halbwegs günstig, aber auch nicht gerade angenehm ist. Im vergangenen Jahr waren die Schulen wegen Luftverschmutzung für eine Woche geschlossen, und viele Leute klagen über Kopfschmerzen. Eine Rückzugsoase haben wir jedoch bei unserer Gastgeberin Nasi, die ein wenig außerhalb wohnt. Dort werden wir wie im Paradies versorgt, und genau so fantastisch stillt Sie auch unseren Wissensdurst über den Iran, da Sie fließend deutsch spricht und einige Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet hat. Auch Ihre Tochter Nakisa, die ebenfalls fließend deutsch spricht, hilft uns wunderbar weiter, und begleitet uns zur Indischen Botschaft. Leider dürfen wir dort nicht mal einen Visumsantrag stellen, da wir kein Flugticket besitzen. (In der Zwischenzeit sind jedoch Bennys Eltern so nett unsere Visa über Deutschland zu beantragen.) Außerdem begleitet Nakisa uns noch durch zahllose Buchläden, damit wir uns endlich noch einen Reiseführer für den Iran kaufen können. Nachdem wir die Hoffnung schon fast aufgegeben haben, trauen wir unseren Augen kaum, im 20. Laden dann doch ein Exemplar des "Lonely Planet" Iran in unseren Händen zu haben.

Nachdem wir uns schon über das Internet im Auge hatten, kreuzen sich in Teheran unsere Wege mit denen vom "HalloVelo" Team, bestehend aus den beiden Radlern Theo und Laura, die ebenfalls im Frühling per Rad aus der Schweiz losgefahren sind um Indien zu erreichen. Zunächst in einem Park und später zu Hause bei Nasi tauschen wir Gedanken aus und schwatzen noch bis spät in die Nacht, und entschliessen uns, 2 Tage später zusammen ab Teheran weiterzuradeln. Vorher müssen wir beiden aber zuerst noch unser Visum verlängern, und dazu gehen wir in das "Disziplinarzentrum der Islamischen Republik Iran, Abteilung Ausländerangelegenheiten". Unser Reiseführer hatte noch davor gewarnt, das Visum in Teheran zu verlängern, aber da unser Visum fast abgelaufen ist haben wir kaum eine Wahl. Sollte der Reiseführer recht behalten? Wir bekommen auf jeden Fall unseren ersten Schock, denn Mandy wird der Eintritt verweigert, da Ihr Mantel, den Sie über der Hose tragen muss, nicht lang genug ist. Und so muss Benny allein die Anträge für uns beide ausfüllen, das Geld bezahlen und alles zusammen einreichen. Doch nun erwartet uns der Zweite Schock: In 7 Tagen sollen wir wiederkommen, und so lange wollen Sie nun unsere Pässe einbehalten! Morgen wollen wir doch weiterradeln. Aber ohne Pässe?

Ab in die Wüste

Aber was für eine Wahl haben wir schon? 7 Tage in Teheran wollen wir auf jeden Fall nicht mehr bleiben. Am Vorabend haben wir noch eine Einladung von anderen netten und gastfreundlichen Bekannten aus Teheran. Leider hat Benny wohl vorher etwas falsches gegessen, und so muss er leider am Abend in der Nähe der Toilette bleiben, und wir können die Einladung nicht wahrnehmen, hoffen aber, Sie bei unserem nächsten Besuch in Teheran nachholen zu können, da wir ja definitiv nochmal zurück kommen müssen um unsere Pässe abzuholen. Und so fahren wir einfach aus Teheran raus und hoffen im Falle einer Kontrolle mit unseren Passkopien den Sachverhalt irgendwie erklären zu können. Nach 60 Kilometern treffen wir dann Theo und Laura in einem Park, da die beiden schon früh morgens aus Teheran raus gefahren sind. Zunächst haben wir noch nette Gespräche untereinander. Mandy zeigt einigen Kindern unser Tandem, Benny wird zum Tischtennis eingeladen. Wir bauen unsere Zelte auf, essen zu Abend und es ist mittlerweile Nacht, aber so langsam ist uns der Platz nicht mehr wirklich geheuer, da einige komische Gestalten herumschleichen. Wir sind sehr dankbar, auf die Einladung der benachbarten Baufirma zurückzukommen, die uns angeboten haben, bei Ihnen zu übernachten. Bis spät in die Nacht sitzen wir noch unter wunderbarem Sternenhimmel vor der Hütte.

Am nächsten Morgen werden wir vom Klopfen der Arbeiter wach und sind erst sehr spät auf dem Rad. Bald sind wir auf der Autobahn, auf der es sich wesentlich ruhiger fahren lässt als auf der Landstraße, da dort keine LKW fahren dürfen. Die Landschaft ist relativ karg und wüstenartig, nur wenige kleine Sträucher wachsen noch am Boden. Auch zum Übernachten zieht es uns in die Halbwüste, wo wir ohne Zelt unter dem wunderbar klaren Sternenhimmel schlafen, der nur dadurch gestört wird, dass fast Vollmond ist. Auch anderntags fahren wir weiter durch die Halbwüste an einem Salzsee vorbei. An diesem Mittag können wir der Hitze entgehen, da wie eine Oase in der Wüste eine Tankstelle mit Laden und klimatisiertem Restaurant auftaucht, an der wir uns erst mal ausgiebig erholen und mit Fast Food unsere Mägen füllen. Nachmittags rollen wir weiter in Richtung Qom, neben Maschad eines der beiden religiösen Zentren des Iran. In Qom steht nämlich die berühmte Grabmoschee (um 1600) mit dem Schrein von Fateme-ye Ma'sume, der Schwester des 8. Imam Ali ar-Rida. (Im Islam gibt es 12 heilige Imame, 11 davon zu Zeiten Mohammeds, und der 12. wird noch erwartet).

Von Motorrollern auf allen Seiten umzingelt radeln wir mit unserem Quattro in Richtung Innenstadt und wir steuern auf den heiligen Schrein zu. Laut Reiseführer Lonely Planet für Touristen geschlossen, versuchen wir es einfach auf gut Glück. Und siehe da: Ein Einheimischer kommt auf uns zu. Wir sagen dass wir Christen sind, und er will uns durch die Moschee führen. Eigentlich ist Fotographieren verboten, aber nach mehrmaligem Bitten "quick please" dürfen wir doch ein paar Bilder machen. Abends fahren wir dann erst im dunkeln aus der Stadt raus und gehen wieder mal auf die Suche nach einem Schlafplatz. An einer Moschee werden wir schliesslich fündig, und der alte und sehr nette Muezzin lässt uns in der Moschee übernachten. Wir machen draussen noch essen (Ist nun ja auch in der Öffentlichkeit an der Moschee kein Problem mehr wegen dem Ramadanmonat, denn jetzt ist es ja schon dunkel), und der Abend ist gerettet.

Qom - religiöses Zentrum des Iran

Morgens wachen wir ziemlich zerknautscht in der warmen Moschee auf, da wir mit Kleidung schlafen und der Aufseher die ganze Nacht durch fern sah, gegen 4 Uhr sein Gebet laut verrichtete und unentwegt danach mit seiner Klatsche arme kleine Fliegen killte. Mittags nachdem wir gut vorangekommen waren, halten wir an einem lauschigen Bach mit einladenden Sitzecken. Vollgefressen fallen wir auch schnell in der Mittagshitze in einen tiefen Schlaf, bis die Besitzer uns wecken und tatsaechlich Geld fuers schlafen wollen, obwohl wir bei Ihnen einige Sachen gekauft haben! Wir ignorieren diese Frechheit und fahren ein wenig veraergert weiter. Abends finden wir in Kashan einen schoenen Stadtpark, der wie fuer uns gemacht ist und campen dort unter den im Park ueberall installierten droehnenden Lautsprechern, die zu den Gebetszeiten auch uns intensiv an den Sitten teilhaben lassen.

Den Tag darauf flicken wir unseren ersten Platten und als endlich alles auf den Raedern ist, stellt auch Laura bei sich einen Platten fest. Nachdem alles repariert ist, gibt es erst einmal ein grosses ausfuehrliches Fruestueck, welches uns den Park in solch einem gemuetlichen Licht erscheinen laesst, so dass wir spontan noch einen Tag bleiben, faul in der Sonne liegen und uns eine Dusche basteln. Frisch gestaerkt und gut ausgeruht klingelt schon am naechsten Tag gegen 6 Uhr der Wecker, da wir in zwei Tagen im schoenen Isfahan sein wollen und zudem unsere Reisepaesse in Teheran mit den hoffentlich auf 30 Tage verlaengerten Visa abgeholt werden wollen. Es ist gut frueh auf dem Rad zu sein, da die wuestenartige Gegend sich tagsueber schnell erwaermt und wir von Kashan aus ein gutes Stueck bergauf fahren. Nur noch wenige Doerfer liegen auf der Strecke und wir benutzen das erste Mal zusaetzlich unseren 10 Liter Wassersack, um ueber den Tag zu kommen.

Am spaeten Nachmittag gibt die dritte Speiche seit Tabriz ihren Geist auf und kurz vor Sonnenuntergang faehrt Theo in der fast menschenleeren Gegend ein Stueck vor und fragt Leute an einer Huette, ob wir dort unser Zelt aufstellen koennen. Er winkt uns herueber und als Laura dort ankommt, stehen statt der bisherigen 3-5 Maenner ploetzlich 15 dort, die laut rumgroelen. Wir haben ein ungutes Gefuehl und entschliessen uns dort nicht zu campen- die Graffitties von Eseln die Kamele ficken in der nahegelegenen Unterfuehrung bestaetigen unser Bild. Wir radeln schweren aber trotzdem leichten Herzens den vorher erklommenen Berg 5 Kilometer wieder bis zur Polizeistation runter und bekommen dort ein tolles Quartier mit Licht und Toilette bei der oertlichen Polizei und der Rettungsstation. Erleichtert sind wir nicht nur wegen dem sicheren Schlafpaltz, sondern auch weil niemand unsere Paesse sehen will, die noch in Teheran auf dem Amt rumliegen. Wieder gegen 6 Uhr klingelt am letzten Tag vor Isfahan der Wecker und wir verbringen den ganzen Tag damit einen dicken Anstieg zu erklimmen, der uns bei der Abfahrt dann auch fast bis in Isafahan nachmittags reinrollen laesst.

Esfahan - "die halbe Welt"

Endlich in Esfahan angekommen, geht es für uns auch schon gleich wieder weiter, da wir ja noch unsere Pässe in Teheran abholen müssen. Unser Gepäck können wir im Amir Kabir Hostel unterstellen, in dem wir später auch bleiben wollen, und wir nehmen direkt einen Nachtbus nach Teheran. In der U-Bahn in Teheran um acht Uhr morgens in Richtung Stadt werden wir fast zerquetscht, kommen aber recht schnell an unser Ziel. In der Ausländerbehörde angekommen, hat Mandy sich dieses Mal einen langen schwarzen Mantel angezogen, und so wird ihr dieses Mal auch Eintritt gewährt. Diesmal geht alles ganz schnell, und ohne Wartezeit können wir am Schalter unsere Pässe abholen. Gespannt machen wir unsere Pässe auf, und wir freuen uns: Wir können noch bis zum 5. November, also noch 30 Tage länger im Iran bleiben! Superklasse, das haben wir nicht erwartet, da von Visaverlängerungen in Teheran immer abgeraten wurde.

In Teheran haben wir dann noch einen schönen Nachmittag mit Nasi, bevor wir wieder mit dem Nachtzug zurück nach Esfahan fahren. Im Zug können wir zwar besser schlafen als im Bus, aber dennoch sind wir froh, dass wir demnächst wieder mit dem Fahrrad weiterreisen können. In unserer Herberge "Amir Kabil" versammeln sich wie durch Zauberhand neben den "normalen" Reisenden auch viele Radler aus der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden, die wir zum Teil schon auf der Reise kennengelernt hatten. Zum Beispiel sind hier die beiden Reiseradler Patrick und Sophie, die von Holland nach Beijing radeln möchten, oder die beiden Franzosen Emanuel und Yohann, die schon seit über einem Jahr unterwegs sind und von Frankreich über Afrika, Amerika und Asien in den Iran gekommen sind. Auch treffen wir hier den sehr spannenden Mick aus Frankreich, der schon seit 10 Jahren unterwegs ist und nun das erste Mal zurück nach Frankreich geht. Fuer uns ist das eine tolle Moeglichkeit uns mit Gleichgesinnten auszutauschen, sei es in dem schoenen Innenhof des Hostels, in der Teestube oder auf eine Wasserpfeife im Cafe an der schoen beleuchteten Bruecke am Fluss. Es wird schnell zum Ritual, erst etwas essen zu gehen, und dann sich auf eine Wasserpfeife am Fluss zusammenzusetzen und danach gegen Mitternacht ein Eis zu essen. Auch wir merken, dass so langsam der Herbst kommt- wir koennen nur noch tagsueber barfuss gehen und Abends ziehen wir uns doch schon mal einen leichten Pullover ueber ;-)

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